Ausbeutung und Gewalt werden totgeschwiegen

Sie tragen viele Namen. Jocelyn, Elena oder Maria Theresa zum Beispiel. Sie gehen von den Philippinen ins Ausland, um zu arbeiten. Frauen sind zumeist in Care-Berufen tätig, als Haushälter*innen, Pflegekräfte, medizinisches Personal, Ärzt*innen, aber auch in der Unterhaltungsindustrie oder in der Prostitution.
Rund 2,3 Millionen Filipin@s arbeiten als „Overseas Filipino Workers“ (OFWs) im Ausland, um ihre Familien zuhause finanziell zu unterstützen. Auf den Philippinen werden sie als Heldinnen und Helden gefeiert. Denn Arbeitskraft ist das wichtigste „Exportgut“ der Philippinen. Ihre Rücküberweisungen („remittances“) tragen massiv zur Verbesserung der Zahlungsbilanz des Landes bei. Es wird geschätzt, dass rund 60 Prozent aller Haushalte auf den Philippinen Geld aus dem Ausland erhalten. Viele gehen, um ihre Familie aus der Armut zu befreien. Ein allgemein gültiges Erfolgsrezept ist das jedoch trotzdem nicht.
Die Regierung fördert den Schritt ins Ausland. Mit Werbung für besonders gefragte Ausbildungen oder über zwischenstaatliche Abkommen mit Ländern, die gezielt Arbeitskräfte aus den Philippinen anwerben. Mittlerweile leben rund 10 Prozent der Filipin@s im Ausland. Über die Hälfte sind Frauen. Dieser hohe Frauenanteil hängt unmittelbar zusammen mit dem Angebot in den Gastarbeiterländern für traditionell als weiblich angesehene Berufe.
Gewalt und Ausbeutung statt Reichtum
Über die Arbeitsbedingungen im Ausland wird in der Öffentlichkeit kaum gesprochen. In der Regel gehen „Overseas Workers“ zwei- bis dreijährige Arbeitsverträge ein, vermittelt über Agenturen. Meist wird beim ersten Arbeitsvertrag eine Vermittlungsgebühr vom monatlichen Lohn abgezogen. Erst bei Verlängerung des Vertrags vor Ort fällt diese weg. Eine große Erleichterung bei geringen Löhnen. Die Arbeitszeiten sind lang. Nur wenige haben einen freien Tag in der Woche. Freizeit, wie wir sie kennen, haben die wenigsten und kaum ein eigenes Zimmer.
Von Ausbeutung und Gewalt sind insbesondere Frauen betroffen. Jede fünfte Filipina, die aus dem Ausland zurückkehrt, wurde Opfer von Gewalt und sexuellen Übergriffen. Darüber wissen jedoch die wenigstens Ausreisewilligen Bescheid. Sie sitzen einem unrealistischen und geschönten Bild der Arbeitsmigration auf. Denn sie sehen nur die großen Häuser von OFWs, die es im Ausland „zu etwas gebracht haben“. Geschichten von Misserfolg, Ausbeutung und Gewalt finden selten den Weg in die Öffentlichkeit.
Diskriminierung und Sorgen um die Familie in Zeiten von Corona
Das „Mindanao Migrants Center for Empowering Actions, Inc.“, unsere Partner*innen-Organisation auf Mindanao, macht regelmäßig darauf aufmerksam und informiert Ausreisewillige und deren Angehörige über Arbeitsbedingungen und Herausforderungen für die Arbeitsmigrant*innen im Ausland sowie für deren Angehörige, die zuhause bleiben.
Mit der Covid19-Pandemie hat sich die Lage für viele Arbeitsmigrant*innen und deren Familien verschärft. Viele verloren ihre Arbeit, weil Unternehmen wegen der Corona-Krise schließen mussten oder in Konkurs gingen. Die betroffenen Arbeitsmigrant*innen konnten ihren Familien über Monate kein Geld mehr schicken. Sorge und Hoffnungslosigkeit machte sich bei vielen breit.
Eine Arbeitsmigrantin, die Covid19-positiv war, erzählte dem „Mindanao Migrants Center“, wie schwer es war, einerseits die Krankheit zu überstehen und andererseits in den Quarantäne-Einrichtungen diskriminiert worden zu sein. Eine andere Arbeitsmigrantin strandete auf ihrem Weg zurück nach Davao in Manila. Hier musste sie mehrere Monate verbringen und brauchte ihr gesamtes Erspartes auf, das sie nach der Flucht von ihrem übergriffigen Arbeitgeber noch bei sich hatte.
Engagement gegen Gewalt
Wir setzen uns seit Jahren gemeinsam mit unseren Partner*innen in den Ländern des Globalen Südens und im österreichweiten Netzwerk „Klappe Auf!“ im Rahmen der 16 Tage gegen Gewalt an Frauen und Mädchen ein. Damit unsere Partner*innen in den Philippinen besser durch die Krise kommen und sich weiter gegen Gewalt engagieren können, rufen wir um Spenden auf.