Querida Amazonia: Die Macht des Faktischen wirksam werden lassen
[Wien, 19.2.2020, PA] Die Katholische Frauenbewegung Österreichs würdigt den prophetischen Charakter des nachsynodalen apostolischen Schreibens „Querida Amazonia“ und teilt die Vision von Papst Franziskus von einem „guten Leben für Alle“. Sie bekennt sich zur besonderen Rolle der Kirche in Europa bei der Realisierung dieser Vision, der Benennung von sozialer Ungerechtigkeit und ihrer Ursachen sowie der Entwicklung von Lösungen. Mit ihrer Aktion Familienfasttag lebt die kfbö seit Jahrzehnten die Solidarität mit Frauen in Regionen der Welt, die unter Ausbeutung und Umweltzerstörung leiden. „Frauen kommt in der Umsetzung der von Papst Franziskus skizzierten Visionen eine zentrale Rolle zu“, so Veronika Pernsteiner, Vorsitzende der Katholischen Frauenbewegung Österreichs: „Die Wertschätzung der Frauen, die im nachsynodalen Schreiben des Papstes dargelegt wird, sowie die Anregungen, ihren Einfluss in Entscheidungs- und Leitungsfragen zu stärken, müssen allerdings auf struktureller, organisatorischer und theologischer Ebene ihren Ausdruck finden“. Was es brauche, sei eine theologische wie praktische Reflexion des kirchlichen Weiheamtes, solle die Wertschätzung der Frauen nicht als „freundliche, aber dennoch vertröstende Geste“ verstanden werden.
Soziale Gerechtigkeit schließe Geschlechtergerechtigkeit immer mit ein, sowohl außerhalb wie innerhalb von Kirche: „Die Frage der Geschlechtergerechtigkeit ist eine der zentralen Fragen, um nachhaltige, ganzheitliche Entwicklung und ein gutes Leben für Alle zu erreichen“. Dem Aufruf des Papstes in seinem nachsynodalen Schreiben, „sich jeder Form der Diskriminierung zu widersetzen“, müsse selbstverständlich auch im Blick auf die Rolle von Frauen und Männern in der Kirche nachgekommen werden, erklärt kfbö-Vorsitzende Pernsteiner.
Insofern Papst Franziskus das nachsynodale Schreiben ausdrücklich als groben Rahmen einer Reflexion auf einem synodalen Weg in Amazonien und der gesamten Weltkirche verstanden wissen möchte, nimmt die Katholische Frauenbewegung Österreichs den impliziten Auftrag zur Weiterarbeit an zentralen Fragen wie der Frauenfrage an. „Es liegt an uns, die Macht des Faktischen wirksam werden zu lassen“, so Veronika Pernsteiner: „Schon jetzt sind in Amazonien und vielen Ländern des Südens überwiegend Frauen mit der Leitung von Gemeinden befasst, und es ist eine Frage der Zeit, bis diese Entwicklung das Amtsverständnis weltweit grundlegend verändert haben wird.“
Der Verzicht auf die im Vorfeld des Schreibens vielfach geforderte Einsetzung von „viri probati“ könne auch positiv gelesen werden, insofern er die Position von Laien und mithin von Frauen stärke. Ein erster Schritt auf dem bevorstehenden Weg könne die kirchenrechtliche Gleichstellung von männlichen und weiblichen Laien sein. Ausdrücklich verwahrt sich die Katholische Frauenbewegung gegen das im päpstlichen Schreiben dargelegte Verständnis von Frau und Mann als grundverschiedene Wesenheiten, ausgestattet mit jeweils spezifischen Gaben. „Das ist weder empirisch noch theologisch zutreffend“, so Veronika Pernsteiner: „Die Auflösung dieses Modells, das die Geschlechter aus sich heraus als einander ergänzend betrachtet, bedarf noch einiger Anstrengung“.