Ermutigung und Ermächtigung - Ohne Frauen gibt es keinen Weg aus der ökologischen Krise
Im Jahr 2015 einigten sich auf der UN-Klimakonferenz COP21 in Paris 195 Staaten erstmals auf ein völkerrechtlich verbindliches Abkommen zur Begrenzung der Treibhausgasemissionen. Darin verpflichten sich die Staaten, den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur im Vergleich zu 1850 auf 1,5 bis maximal 2 Grad zu begrenzen.
Um dieses Ziel erreichen zu können, muss in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts weltweit zumindest ein Gleichgewicht zwischen Treibhausgasemissionen und Kohlenstoffbindung erreicht werden. In krassem Gegensatz dazu steht, dass weiterhin 40% des weltweit erzeugten Stroms aus Kohlekraftwerken stammen. Und viele Länder planen diese klimaschädliche Technologie noch weiter auszubauen.
Was ist zu tun?
Bereits jetzt werden die Folgen der bisherigen Erwärmung von einem Grad Celsius sichtbar: Mehr extreme Wetterphänomene, steigende Meeresspiegel und schwindendes arktisches Eis. Die Erderwärmung geschieht schneller und mit markanteren Folgen als bisher angenommen. Daher sind rasche und weitreichende Veränderungen in allen Bereichen der Gesellschaft notwendig. Der erforderliche Paradigmenwechsel hin zu neuen, nachhaltigen Ansätzen in der Energie- und Umweltpolitik wird nicht von jener politischen Praxis und allein mit deren Institutionen vollzogen werden können, die die aktuellen ökologischen Probleme zu verantworten haben.
Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind.
- Albert Einstein
These 1: Ökologische Fragen stellen Ressourcenfragen dar: Wem und wofür steht wie viel Geld in welcher Zeit zur Verfügung? In einer Zeit, die als krisenhaft erlebt wird, werden Ressourcenfragen schwerpunktmäßig als „Rückbesinnung auf das wirklich Wesentliche“ definiert: Und zwar von jenen, die die Macht haben, zu definieren, was wesentlich ist. Das hängt von der gesellschaftlichen Bewertung ab. So sagte unlängst eine junge Frau aus einem Dorf bei einer Veranstaltung: „Wäre Kinderbetreuung eine Männeraufgabe, hätten wir längst einen Nachtkindergarten!“ Zum Personenkreis der Entscheider gehören kaum Frauen. Es sind vor allem Männer, die bei uns darüber entscheiden, wofür welche Ressourcen verwendet werden.
These 2: Mangel an Frauen in politischen Gremien wird von den Betroffenen als persönliches Versagen bewertet: Politik sei so ein schwieriges Feld, da möchten sich Frauen nicht hinwagen. Sie warten auf die Einladung zur Teilhabe - durch den Bürgermeister, den Amtsleiter oder den eigenen Ehemann. Auf dieser Wartebank können sie aber lange ausharren: Denn wer von den Wirkmächtigen hat schon ein Interesse daran, zu erfahren, dass es auch anders ginge? Wer von ihnen glaubt überhaupt daran, dass es viele verschiedene Herangehensweisen gibt? Und wer denkt darüber nach, dass Lösungsansätze geschlechterabhängig sind?
These 3: In patriarchal-hierarchisch organisierten Gesellschaften wird nach Anpassung = Bewahrung des Bestehenden belohnt, nicht nach Abweichung = Kreativität /Innovation.
Würde eine verzagte Umweltpolitik von einer stärkeren Partizipation der Frauen profitieren und sich hin zu einer entschlossenen, ambitionierten Umweltpolitik mausern?
Lange waren Frauen von fast allen Bereichen des öffentlichen Lebens ausgeschlossen. Sie haben sich erst in den letzten Jahrzehnten politische, soziale und kulturelle Einrichtungen selbst geschaffen. Das macht das Leben in unserem Land für Frauen zwar attraktiver, die aktive Teilhabe an politischen Entscheidungsprozessen ist jedoch nach wie vor sehr niedrig. In zahlreichen Studien wurde kritisch angemerkt, dass die zu geringe Repräsentanz von Frauen in politischen Entscheidungsprozessen ein enormes Demokratiedefizit darstellt. Teilhabe an Ressourcen, Beziehung und Zeit folgt der Ermutigungs- und Ermächtigungsarbeit. Erst wenn diese Arbeit auch zahlenmäßig Auswirkungen zeigt, werden wir die Veränderung sehen.
Wenn viele Menschen an vielen Orten vom Reden ins Handeln kommen, dann wird Gesellschaft verändert. Der Vision einer Gesellschaft, in der Frauen und Männer gleichermaßen zur Zukunft beitragen, kann zum Durchbruch verholfen werden.
© Mag.a (FH) Heidemarie Rest-Hinterseer. Der Artikel wurde dem Bildungsbehelf 2019 entnommen und leicht gekürzt.