„Mutternacht“: Einsatz der Politik gefordert
[Wien, 9.5.2018, PA] Im Vorfeld des Muttertags erinnert die Katholische Frauenbewegung Österreichs gemeinsam mit der Plattform „Mutternacht“ an die nach wie vor dringliche Notwendigkeit, sich politisch und mit ausreichend finanziellen Mitteln für eine weltweite Senkung der Müttersterblichkeitsrate einzusetzen: „In den Ländern des Südens ist die Müttersterblichkeit immer noch erschreckend hoch“, so Eva Oberhauser, stellvertretende Vorsitzende der Katholischen Frauenbewegung Österreichs und zuständig für die „Aktion Familienfasttag“ der kfbö, die sich mit Partnerinnen in mehr als 100 Frauenprojekten in Asien, Afrika und Lateinamerika für Gesundheit, Rechte, Bildung und wirtschaftliche Unabhängigkeit von Frauen engagiert: „Mehr als 90 Prozent der rund 800 Frauen und Mädchen, die täglich während der Schwangerschaft oder Geburt ihres Kindes sterben, lebten in Ländern des Südens.“ Ziel sei es, so Oberhauser, entsprechend der „Agenda 2030“ des „UN-Aktionsplans für nachhaltige Entwicklung für die Menschen, den Planeten und den Wohlstand“ bis zum Jahr 2030 die Rate der Müttersterblichkeit auf 70 pro 100.000 Lebendgeburten zu senken - 2015 lag sie bei 216: „Gemeinsam mit unseren PartnerInnen-Organisationen in der Plattform Mutternacht wollen wir das Bewusstsein der österreichischen Bevölkerung für diese Aufgabe schärfen und rufen die österreichische Regierung dazu auf, ihrer globalen Verantwortung nachzukommen“. Zu der 2010 in Österreich gegründeten Plattform „Mutternacht“ zählen zahlreiche AkteurInnen und Organisationen, die sich für die Verbesserung der Müttergesundheit in den Ländern des Südens einsetzen.
„Die Aktion Familienfasttag der kfbö unterstützt Partnerinnen in diversen Frauenprojekten im Süden, die die grundlegenden Ursachen von Müttersterblichkeit bekämpfen “, so Miriam Kienesberger, entwicklungspolitische Referentin der Aktion Familienfasttag. Drei dieser Projekte liegen etwa in Guatemala, einem Land, in dem 40 Prozent der Bevölkerung Indigene sind: „Die Armutsrate unter der indigenen Bevölkerung liegt bei 75 Prozent gegenüber 51 Prozent der Gesamtbevölkerung, am stärksten betroffen sind indigene Frauen in ländlichen Gebieten“. Die Geburtenraten unter diesen Frauen, denen es sowohl an Zugang zu Bildung und Gesundheitsversorgung als auch Wissen bezüglich Familienplanungsmethoden fehlt, sind hoch. Es herrscht striktes Abtreibungsverbot mit Ausnahme von akuter Lebensgefahr der Mutter: „Die Rate der Müttersterblichkeit liegt bei indigenen Frauen doppelt so hoch wie in der nicht-indigenen Bevölkerung“, so Miriam Kienesberger: „Die Mädchen und Frauen sind oft mangelernährt, bekommen bereits sehr jung Kinder und haben generell viele Schwangerschaften. Viele werden Opfer gefährlicher, unsicherer Abtreibungsversuche.“
Im Projekt „Miriam“, das die Katholische Frauenbewegung seit 2013 unterstützt, sind rund 90 Prozent der Mitglieder indigene Frauen, neben Bildung, Gewaltprävention und wirtschaftlicher Ermächtigung ist dort auch Bewusstseinsbildung im Umgang mit Sexualität ein großes Thema: „Sexualität ist in indigenen Gemeinden oft stark tabuisiert“, so Kienesberger, „im Projekt Miriam nähern wir uns der Sache vor dem Hintergrund der kulturellen Identität der Frauen“. Die Bekämpfung von Mangel- und Unterernährung von Schwangeren ist Schwerpunkt des Projekts „UAM“ im westlichen Hochland von Guatemala: „Dort produzieren Frauen in biologischer Landwirtschaft ein nährstoffreiches Getränk aus guatemaltekischen Getreidesorten. Innovative Methoden des Landbaus werden kombiniert mit althergebrachten, indigenen Praktiken“. Und ebenfalls im westlichen Hochland ist das Projekt „AMOIXQUIC“ angesiedelt, das mit handwerklichen Kursen die überwiegend indigenen Mitglieds-Frauen dabei zu unterstützen sucht, wirtschaftlich unabhängig zu werden.
Bei einer Pressekonferenz der Plattform „Mutternacht“ am 7. Mai in Wien haben Vertreterinnen der Plattform und Expertinnen auf die vielfältigen Aspekte der globalen Müttersterblichkeit hingewiesen.
Petra Bayer, SPÖ-Nationalratsabgeordnete und Initiatorin der Plattform, hat die strukturellen Ursachen, in erster Linie Armut, hervorgehoben, Jennifer Bose, Nothelferin bei „CARE“, die verschärfte Situation von Frauen in Kriegen und Katastrophen zum Thema gemacht, Andrea Brem, Leiterin der Wiener Frauenhäuser, die Bedeutung der Gewaltprävention im Blick auf Österreich herausgestellt. Miriam Kienesberger von der „Aktion Familienfasttag“ der kfbö war Diskutantin am Podium im Anschluss an die Vorführung des Films „Ixcanul – Träume am Fluss des Vulkans“, ein 2015 mit dem „Silbernen Bären“ ausgezeichneter Spielfilm über eine junge Maya-Frau, die ihren beengten Verhältnissen zu entfliehen sucht.